19 Aug

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn die Liturgie der Wochentage die heutige Lesung bringt, freue ich mich einerseits; andererseits fordert sie mich, denn auch ich bin als Hirte bestellt. Und der Vorwurf Gottes an die Hirten Israels wiegt schwer: "...und weil meine Hirten nicht nach meiner Herde fragten, sondern nur sich selbst und nicht meine Herde weideten..." (Ez 34,8)
Wer auf Kosten anderer und zum eigenen Vorteil und Nutzen lebt und wirkt, muss sich vor Gott verantworten, weil er offensichtlich seine Berufung von Gott verfehlt.

Was mich heute beim Hören der Lesung in der Liturgie betroffen gemacht hat, sind die Kriterien, mit denen Gott das Wirken der Hirten Israel bemisst; denn sie lassen auf seine Einstellung und Prioritäten schließen:

"...Ihr trinkt die Milch, nehmt die Wolle für eure Kleidung und schlachtet die fetten Tiere; aber die Herde führt ihr nicht auf die Weide. Die schwachen Tiere stärkt ihr nicht, die kranken heilt ihr nicht, die verletzten verbindet ihr nicht, die verscheuchten holt ihr nicht zurück, die verirrten sucht ihr nicht, und die starken misshandelt ihr. Und weil sie keinen Hirten hatten, zerstreuten sich meine Schafe und wurden eine Beute der wilden Tiere. Meine Herde irrte auf allen Bergen und Höhen umher und war über das ganze Land verstreut. Doch keiner kümmerte sich um sie; niemand suchte sie..." (Ez 34,3ff.)

Gott fragt nicht nach den "Regierungsprogrammen" und "Absichtserklärungen", ihn interessieren scheinbar nicht die Strategien und Theorien, die dem eigenen Handeln zugrunde liegen, ihm geht es um die Sorge für die Benachteiligten, Leidenden, Verschreckten etc., letztlich um das solidarische und mitfühlende Dasein für den anderen Menschen!

Wenn nun Gott selbst diesen Hirtendienst übernehmen will, dann ist er der, der sich wirklich um diese Menschen kümmern will, wo alle anderen ausbleiben oder versagen.

Dieses prophetische Wort hat sich in Jesus Christus erfüllt. Er ist der "gute Hirt"! (vgl. Joh 10).
Das Evangelium sagt uns, dass Jesus nicht nur Mitleid mit der Not der Menschen hat, sondern sein "Kümmern um" ist ein "Identifizieren mit": "...Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan..." (Mt 25,40). 

Ich stelle mir die Frage, ob meine Sorge und mein Kümmern wirklich auch dieser Art Gottes entspricht?
Oder ob die Sorge für und um andere nicht auch aus dem Gefühl herauskommt, "doch besser als die anderen zu sein" ?


Kommentare
* Die E-Mail-Adresse wird nicht auf der Website veröffentlicht.
DIESE WEBSEITE WURDE MIT ERSTELLT